„Euch einmischen und aktiv bleiben“ – das wünschte Jens-Marco Scherf, der Landrat Miltenbergs heute den Sechstklässlern wie Neuntklässlern des Hermann-Staudinger-Gymnasiums zum Auftakt der „Langen Woche der Demokratie“.
Er berichtete den Schülerinnen und Schülern von der Ukraine-Hilfe des Landkreises. 15 Lastwägen sind von Miltenberg aus gestartet - „von Firmen und Personen privat gestellt, den Sprit bezahlt“ - Richtung Polen. Dort brachten sie Hilfsgüter für Notleidende in der Ukraine. Aber auch im Landkreis machen sich die Folgen „des schrecklichsten Krieges in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg“ bemerkbar. Von 800 Geflüchteten, die sich im Landkreis bis jetzt angekommen sind, leben 600 Menschen bei Privatleuten, „eine ganz tolle Hilfe und Aktion der Bürger des Landkreises, die mich sehr stolz macht“, fasste Jens-Marco Scherf das Engagement der Menschen in Miltenberg zusammen.
Sichtlich glücklich nahm er den 1000-Euro-Scheck aus den Händen von Christine Büttner, Schulleiterin und Fabio di Marco, Schülersprecher, entgegen. Der Kuchenverkauf der Schule erbrachte diese Summe für die Hilfe der Ukraine.
Zu Gast am zweiten Tag der #WochederDemokratie war Andreas Fath-Halbig, Bürgermeister von Wörth. Im Gespräch mit Jugendlichen der 8. und 9. Klasse begegneten ihm viele Fragen, er hatte aber auch welche: Wer bringt sich denn schon ein in seiner Gemeinde? Wer ist aktiv in Vereinen und politischen Gremien? Wer würde bei einem Jugendbeirat mitmachen? - Er selbst erzählte von seinem Werdegang, seinem Aufgabenfeld als Bürgermeister und betonte zwei bedeutende Schwerpunkte seiner Arbeit. Als Bürgermeister sei man der Mann vor Ort, aber die großen Themen wie Energie-, Verkehrswende oder die Folgen des Ukrainekriegs finden auch vor seiner Haustür statt, um die er sich proaktiv kümmere. Dafür sei er gerne Bürgermeister. Nach zwei Stunden des Austauschs freute er sich, wenn es bald wieder zu einem Gespräch komme.
Am Dienstag konnten wir Bundesjugendoffizier Philipp Nürnberger zu einem Vortrag zur aktuellen Lage des Ukraine-Kriegs gewinnen. Die Klassen 10a und 10c sowie das P-Seminar "Krieg und Frieden" unter der Leitung von Frau Dr. Spinnler lauschten den Ausführungen und hatten viele Fragen im Gepäck dabei. Ausgiebig wurde die verteidigungs- und sicherheitspolitische Seite des Kriegs unter die Lupe genommen.
Der Mittwoch gehörte den sicherheitspolitischen Aufgaben Deutschlands: Ein Planspiel zum Syrienkonflikt spielte die Klasse 10b unter Aufsicht des Bundeswehrjugendoffiziers Herrn Nürnberger durch, die UN-Vollversammlung bildete den Ort für die diplomatischen Gespräche und Auseinandersetzungen innerhalb der Staaten der Welt
Mit einem Dreifachbesuch endete die erste Woche der „Langen Woche der Demokratie“ am Hermann-Staudinger-Gymnasium: Martina Fehlner als SPD-Abgeordnete des Bayerischen Landtags sprach mit den 8. Klassen über soziale Gerechtigkeit. Im Fach Geschichte behandelt man in diesem Schuljahr die Industrialisierung in Deutschland mit den sozialen Auswirkungen. Wie sieht es damit im Jahre 2022 aus. Die Schere zwischen Arm und Reich ist immer noch vorhanden, all dies fasste Martina Fehlner zusammen.
In der Oberstufe stand Niklas Wagener, Bundestagsabgeordneter der Grünen, Rede und Antwort. Als zweitjüngstes Mitglied des Bundestags war es natürlich spannend zu erfahren, was einen treibt, in den Bundestag nach Berlin zu gehen. Der besorgniserregende Zustand des Waldes und die zunehmende Klimabedrohung sind die Grüne für sein Engagement auf bundespolitischer Ebene. Als Mitglied des Landwirtschafts- wie Verteidigungsausschusses ist er momentan stark eingespannt in die Auswirkungen des Ukrainekrieges, möchte aber sein Thema Wald als studierter Forstwirt weiter voranbringen.
In der Klasse 9 und 10 kam Judith Gerlach, die bayerische Digitalministerin, zu Besuch, um mit den SchülerInnen über die digitalen Möglichkeiten und Grenzen zu diskutieren. Ein spannendes Aufeinandertreffen auf Augenhöhe, da sich viele in der digitalen Welt auskennen. Anschließend ging es noch in die Klasse 5, um über Medienethik zu sprechen, wie verhalte ich mich im Netz, welche Regeln gelten im Medienführerschein des HSG. All diese interessanten Fragen konnte vielfach beantwortet werden.
Zum Abschluss der #WochederDemokratie organisieren alle drei Erlenbacher Schulen eine Menschenkette, die über 1300 Schüler und Schülerinnen umfasst und ein starkes Zeichen für den Frieden in Europa sendet. Zwei Wochen haben die Schüler und Schülerinnen des Hermann-Staudinger-Gymnasiums in Kontakt mit gesellschaftlichen Gruppen, Politikern und Politikerinnen und Amtsträgern über die Demokratie, den Krieg in der Ukraine und das Mitmachen vor Ort gesprochen. "Es schreit nach Wiederholung", formulierte es ein Schüler.
100 Köpfe der Demokratie
Das letztwöchige Staudinger-Forum stand ganz unter dem Zeichen der Widerstandsfähigkeit der Demokratie. Als weiteres Highlight der „Langen Woche der Demokratie“ gastierte Prof. Dr. Walter Mühlhausen, Leiter der Friedrich-Ebert-Gedenkstätte, am Hermann-Staudinger-Gymnasium. Mitinitiiert wurde dies durch die Theodor-Heuss-Stiftung im Rahmen des Projektes „100 Köpfe der Demokratie“, die Referenten und Referentinnen an Bildungseinrichtungen vermitteln. Prof. Mühlhausen referierte über den ersten Reichspräsidenten der ersten deutschen Demokratie, Friedrich Ebert. Insbesondere an der Person Ebert konnte man gut die Zähigkeit der Demokratie an diesem spannenden Abend ablesen: „Viele reden über verpasste Chancen“, umriss Prof. Mühlhausen seinen Vortrag, „aber die verhinderten Katastrophen gilt es vielmehr in den Blick zu nehmen.“ Die Einigkeit der Demokratien in den unruhigen Zeiten nach der Niederlage des Ersten Weltkriegs, der für viele überraschend kam, da die Propagandamaschine des Kaiserreichs vier Jahre lang auf Hochtouren lief und jeden Geländegewinn von 50 Metern an der Westfront frenetisch feierte. Die daraus entstehende Lüge der Dolchstoßlegende gewann viele Anhänger, die diesen „fake news“ glaubte. Und Ebert war nicht der willfährige Demokrat, denen viele politischen Gegner ihn sahen. Er trug sich mit Rücktrittsgedanken, als der Versailles Vertrag unterschrieben werden musste, er, der zwei Söhne im Krieg verloren hatte und von seinen Gegnern als „Landesverräter“ diffamiert wurde. Seine Person stand von allen Seiten unter Druck, kein Wunder, dass ein verschleppter Blinddarmdurchbruch durch einen langwierigen Justizfall nicht rechtzeitig erkannt wurde und mit Friedrich Ebert einer der standfestesten Demokraten der ersten Stunde der Weimarer Republik 1925 im Alter von 54 Jahren verstarb und Hunderttausende Abschied von ihm nahmen bei seinem Leichenzug.
Kurzweilig und mit Bonmots verziert wusste Prof. Mühlhausen seine Zuhörer zu fesseln und anschließend auf die zahlreichen Fragen einzugehen. Die Persönlichkeit Eberts in all seinen Facetten und den schwierigen Umständen, die das Schiff Demokratie durch diese erste Zeit kommen ließ, dies gelang Prof. Mühlhausen in seinem Vortrag ausgezeichnet.