Corona und das Ende der Welt
von Theresia Geis-Matthiesen
Die perfekte Lektüre für die Quarantäne
Ich glaube, es war der Titel, der mich dazu gebracht hat, genau diesen Roman aus unserer Bibliothek mit in die Faschingsferien zu nehmen. Ich mag Wale und das Buchcover gefiel mir auch, letztlich recht schlichte Gründe, sich für ein Buch zu entscheiden. Der Titel Der Wal und das Ende der Welt klingt mystisch und rätselhaft, aber auch ein bisschen langweilig. Es hätte deshalb auch gut ein Reinfall werden können. Dass ich es jetzt sogar hier weiter empfehlen möchte, hat verschiedene Gründe.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Joe Haak, ein junger, etwas blasser Mathematiker, der in London für eine Investmentbank arbeitet. Dort hat er ein Programm, das er Cassie nennt, entwickelt. Cassie kann errechnen, welche Auswirkungen bestimmte Ereignisse auf der Welt auf die Wirtschaft und dementsprechend auf die Aktienkurse haben, was der Bank zu enormen Gewinnen verhilft. Lew Kaufmann, der weitsichtige alte Chef dieser Bank, erklärt Joe eines Tages, dass es nur zwei Dinge gibt, die die Menschheit ernsthaft bedrohen können: das Erdöl und die Grippe. Und genau diese Bedrohung sieht Cassie plötzlich voraus, woraufhin Joe völlig schockiert aus der Stadt flieht und in einem Fischerdorf in Cornwall landet. Von dort aus verfolgt er die Nachrichten über ein Grippevirus, das sich von Asien aus rasend schnell auf der Welt verbreitet. Als Folge brechen zunächst nur Teile von Lieferketten zusammen, dann aber sehr schnell auch weltweite Nachschubwege - der globale Kollaps steht bevor. Wie reagiert die Welt? Lew Kaufmann behauptet in einem Gespräch mit Joe, dass „eine Nation alles tun wird – alles – um sich selbst zu schützen. Das Einzige, was noch mächtiger ist als der Egoismus des Einzelnen ist der nationale Egoismus.“
Die Weitsichtigkeit der Gespräche zwischen ihm und Joe Haak darüber, wie die Zivilisation aus dem Gleichgewicht gebracht werden kann, ist erschreckend, aber noch viel erschreckender ist, dass die Frage, die ich mir vor zwei Wochen beim Lesen gestellt habe, „Ja, was wäre tatsächlich, wenn …?“, gerade beantwortet wird.
Im Roman setzt Joe sein gesamtes Geld in Lebensmittel um und hortet sie für den Ernstfall im Kirchturm seiner Gemeinde in Cornwall: 3.800 Pakete mit Konserven, Tütensuppen, Trockenfrüchten, Müsli, Zucker, Bohnen, Linsen, Reis, Nudeln, Honig und noch viel mehr. In unserer Wirklichkeit sind es bis jetzt hauptsächlich Toilettenpapier, Nudeln, Mehl und Desinfektionsmittel.
Die Antworten auf die wirklich existenziellen Fragen, die in diesem Fischerdorf schon zu finden sind, müssen wir noch geben:
Was werden wir tun, wenn alles auf dem Spiel steht?
Was verbindet uns als Gemeinschaft?
Sind Gemeinschaftssinn, Mitleid und Liebe stärker als Egoismus und Eigennutz?
Der Roman Der Wal und das Ende der Welt von John Ironmonger macht Mut.