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Paraguay- Irgendwo in der Mitte von Südamerika, sehr heißes Klima und große Rinderfarmen: Das sind wahrscheinlich die einzigen Fakten, die einem spontan einfallen, wenn man von dem Land hört. Ähnlich klein war unser Wissen über Paraguay, bevor wir 2012 dorthin gezogen sind. Aber durch unseren dreijährigen Auslandsaufenthalt habe ich das Land von einer anderen Seite kennengelernt und würde euch jetzt gerne von meinen Erfahrungen dort berichten.

Alles hat im August 2011 angefangen, als mein Papa von der Schule nach Hause gekommen ist, und uns ganz spontan gefragt hat, ob wir Lust hätten, für ein paar Jahre auf eine internationale Schule im Ausland zu gehen. Da beide meiner Eltern Lehrer sind, haben sie die Möglichkeit, als ADLK (Auslandslehrkraft) für einen bestimmten Zeitraum an einer deutschen Schule in verschiedene Länder zu gehen. Nach ein paar Monaten mit Bewerbungsgesprächen und Vorbereitungen kamen wir zu dem Schluss, dass Asuncion (die paraguayische Hauptstadt) eine gute Option für uns wäre. Und so machten wir (meine Eltern, mein jüngerer Bruder und ich) uns auf in das Abenteuer und stiegen nach dem Abschied von unserer Familie und Freunden ins Flugzeug Richtung Sao Paulo, Brasilien. Von dort ging es weiter in die Hauptstadt Asuncion (übersetzt heißt das: Auferstehung), in welcher wir nach guten 24 Stunden Reise ankamen und dort freudig von dem Hotelpersonal aufgenommen wurden. Wir nutzen die ersten Tage im Hotel, um die wichtigsten Besorgungen zu erledigen und uns an den Jetlag zu gewöhnen (Side-fact: Die Zeitverschiebung beträgt ca. 6 Stunden zurück).
Als wir dann Lebensmittel, Betten, eine funktionierende Klimaanlage und ein Auto hatten, zogen wir in unser Haus ein, das wir im Voraus gemietet hatten. Und schon in der ersten Woche erwartete uns die erste Überraschung: Drei Katzenbabys ohne Mutter hinter der Palme in unserem Garten, die unser Gärtner gefunden hat. Wir mussten nicht lange überlegen um zu dem Entschluss zu kommen, sie aufzunehmen. Unsere Nachbarschaft wimmelte nur so von Tieren, ob Katzen, Straßenhunde oder Eidechsen und Fledermäuse, weswegen wir uns vor Anreise auch gegen alle möglichen Bisse impfen mussten. Unser Viertel wurde an beiden Straßenseiten von bewaffneten Männern überwacht, außerdem standen um die meisten Häuser auch 3-4 Meter hohe Stacheldrahtzäune. Die meisten werden sich jetzt wahrscheinlich fragen: Wovor muss man sich so extrem schützen? Die Antwort ist wahrscheinlich jedoch nicht so überraschend. Da in Paraguay die Schere zwischen Arm und Reich sehr groß ist, gibt es neben Millionären mit Villen auch extreme Armut. Deswegen sind Einbrüche keine Seltenheit, insbesondere da wir in der Nähe einer großen verlassenen Mansion gewohnt haben, in der sich mehrere obdachlose Familien niedergelassen hatten. Jedoch haben wir zum Glück in den drei Jahren keinen Einbruch mitbekommen.
Nachdem wir uns, auch mit Hilfe unserer aufgeschlossenen Nachbarn, einigermaßen eingerichtet hatten, stand auch schon der erste Schultag vor der Tür. Morgens um 7 klingelte der Wecker. Mein Bruder und ich zogen uns unsere Uniform an, aßen schnell was, füllten unsere Flaschen auf (was bei der Hitze echt wichtig war) und hüpften ins Auto mit unseren Eltern. Die Schule, an die wir gingen, hieß „Colegio Goethe“ und ist eine deutsch/ internationale Privatschule, die Paraguayern mit deutschen Wurzeln die Möglichkeit gibt, einen Abschluss auf Abi- bzw. Bachillerato-Niveau zu absolvieren. In diesem Kontext sah die Schulgemeinschaft auch so aus: Die obere Schicht der paraguayischen Bevölkerung mit meistens einem deutschen Elternteil. Beim ersten Anblick der Schule war ich ehrlich gesagt sehr überwältigt, da das riesiges Betongebäude gefüllt war mit über 1100 Schülern, die alle auf einer Sprache redeten, die ich nicht verstand: Spanisch. Mein Papa war der einzige, der im Voraus einen Spanisch-Kurs in Madrid belegt hatte, da er ja direkt anfangen musste zu unterrichten, zwar auf Deutsch, jedoch war es schon wichtig, die Basics zu können. Der Rest der Familie hat darauf gesetzt, es sich mit der Zeit anzueignen. Und das ging viel schneller als gedacht. Dadurch, dass wir mindestens 7 Stunden am Tag von der Sprache umgeben waren und der Unterricht in der Unterstufe auf Spanisch war (man hatte Deutsch „nur“ als Fach), konnte ich nach gut drei Monaten wirklich an den meisten Konversationen teilnehmen. Eine großen Hilfe dabei waren die wirklich sehr hilfsbereiten Eltern und Schüler, die, obwohl alles neu für mich war, es mir super leicht gemacht haben, mich zu integrieren. So wurde ich von Anfang an zu allen Geburtstagen eingeladen (die in riesigen Hallen mit Animateuren gefeiert wurden) und fest in die Gemeinschaft eingebunden, sodass ich auch nicht groß Zeit hatte, Heimweh zu haben oder meine deutschen Freunde zu vermissen. Schon innerhalb des ersten Jahres hatte ich feste Freundschaften geknüpft, wurde in mehrere Vereine und Clubs eingeladen und hab mich wohlgefühlt, in dem Land, das erst so fremd war.
Da wir uns nach einer gewissen Zeit in Paraguay einigermaßen auskannten, haben wir uns auf den Weg in die Nachbarländer gemacht, da wir, wenn man am anderen Ende des Globus ist, die Gelegenheit auch nutzen wollten, möglichst viel aus Südamerika „mitzunehmen“. Deswegen hier ein paar Eindrücke von den verschiedenen Ausflügen und unserem Leben. 

paraguay

Trotz des ein oder anderen Kulturschocks bin ich unglaublich dankbar für die zahlreichen Erinnerungen, gute Freundschaften, die erstaunliche Natur, inspirierenden Menschen, das ausgefallene Essen, eine neue Sprache und natürlich unseren drei Katzen …

Johanna Stelzer